Mütter- und Schwangerenforum

Marlas Krebstagebuch

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12MarThi24
328 Beiträge
11.07.2014 13:31
Ihr Lieben,

Danke dass sich so viele von euch gemeldet haben! Die Frage kam einmal auf: Ja, ich lese jeden Post und nein, es ist nicht doof oder nervig immer dasselbe zu lesen. Denn ich lese nie dasselbe. Es geht mir nicht darum dass möglichst viele Menschen mir sagen „Es tut mir leid“. Es geht mir um was ganz anderes und das habe ich wirklich bewusst erst gestern bemerk.

Wisst ihr, früher (das alleine klingt angesichts meines Alters schon schräg.) wollte ich die Welt verbessern. Ich wollte in den Sudan, in Krisengebieten Aufbauarbeit leisten. Danach wollte ich eine Ausbildung machen und dann Sozialpädagogik studieren. Warum? Weil ich mir nie vorstellen konnte, leibliche Kinder zu bekommen. Viel lieber wollte ich den „Aussätzigen“ helfen. Ich wollte Jugendlichen eine Perspektive bieten.
Dann kam alles anderes.
Ich wurde selbst zur Aussätzigen, lebte im Frauenhaus, musste vor Gericht ziehen weil mein Ex mich stalkte und mich bedrohte. Und das war mit ihm eigtl noch das geringste Problem.
Aber dann kam Manuel.
Ich fand ihn immer schon anziehend, aber er ist 11 Jahre älter als ich und was sollte er mit so einer durchgeknallten Ische?!
Wir lernten uns kennen, abseits des Friedhofs (ja, wir sind beide Friedhofsgärtner. ), zwei Tage später zog er zu mir. Und er ist die Liebe meines Lebens. Er ist so viel gefühlsduseliger als ich, so geerdet, so liebevoll. Und zusammen wurde dann klar dass wir ein Kind wollen. Mucki flog also zu uns. Wir haben das große Glück sehr zügig schwanger werden zu können. Dafür bin ich dankbar.
So drehte sich meine ganze Welt und nun, nun bin ich eben nicht mehr diese Irre mit den durchgeknallten Vorstellungen vom Leben. Manchmal vllt schon noch. Manu sagt immer zu mir „Du kannst es nicht sehen wenn Menschen um dich ruhig dasitzen, oder?!“. Nein, das kann ich nicht.
Worauf ich hinaus will ist: Ich will das Marla nie vergessen wird. Kein Krebskind. Ich will ihre Fahne hochhalten. Ich will meinen Mitmenschen bewusst machen dass sie gelebt hat. Sie war da. Hier. Mitten unter uns. Sie musste kämpfen und hat irgendwie doch gewonnen. Einmal zog eine Mutter ihr Kind von Marla weg. Sie wollte nur mit dem Mädchen spielen. Aber die Mutter fand Marla wohl abstoßend durch ihre Glatze und ihre Narben. Das tat soooo weh. Bis heute weine ich deshalb. Weil ich es nicht verstehen kann. Meine mucki auch nicht. Ich wäre am liebsten an die Decke gegangen. Ich habs nicht gemacht. Nochmal passiert mir das nicht.

Liebe Mamas: ich verstehe dass ihr aus Selbstschutz nicht geschrieben habt. Ihr sollt euch gar nicht vorstellen dass das eurem Kind mal passiert. Eure Kinder sollen ein langes und stabiles Leben vor sich haben! Macht euch darüber keine Gedanken. Ihr alle habt einen hervorragend Instinkt. Ihr alle spürt Tage/Wochen/Monate im voraus wenn eurem Kind was passiert. Eure Antennen sind immer auf Empfang. Und das ist gut so! Verlasst euch darauf!

Aber bitte, zieht nie eure Kinder von einem Krebskind weg! Oder von anderen Kindern denen man ihre Erkrankung ansieht.
Deshalb schreibe ich auch wie es ist, jetzt als Aussätzige behandelt zu werden. Ich will euch Mut machen. Ich möchte dass ihr den Mut habt, wenn ihr mal in so eine ähnliche Situation kommen solltet, eben nicht wegguckt. Man muss nichts sagen. Man kann auch einfach nur wissend zunicken. Dem Betroffenen auf die Schulter klopfen. Oder wenn euch danach ist, einfach mitzuweinen.

Ich musste einen Menschen kennenlernen, die Angst hatte Marla anzufassen. Sie hat ja ne Glatze. Sie sieht anders aus. Als würde die Krankheit auf sie überspringen.
Diese Person war nicht irgendjemand.
Es war ihre Oma.
Manuels Mutter.
Ich hoffe dass deutlich wird was ich meine.

Wir haben 5 Moante und 4 tage gekämpft. Neben Marla, mit ihr und vor ihr. Sie ist tot. Aber sie darf nicht umsonst gestorben sein.
Innerhalb dieser Wochen gab es vor ihr keinen einzigen schlechten Tag. Jeder Tag war toll. Wenn die Sonne von alleine nicht schien, dann musste eben das Licht angemacht werden.
Und glaubt mir, viele schreiben dass sie nicht wüssten ob sie es schaffen würden: Natürlich! Wenn nicht ihr wer dann?
Der Mensch wächst mit seinen Aufgaben, das ist Fakt.

Manu lass kurz bevor Muckis Tod einen Bericht, wo drin stand das Eltern das Zimmer verließen wo ihr Kind im Sterben lag.
Sie ließen ihr Kind alleine! Mit fremden Schwestern! Dieses Würmchen musste alleine in sein Sternenschiff einziehen, weil die Eltern zu schwach sind.

Versteht mich nicht falsch, aber wie kann man so sein?
Wir werden diese Bilder auch nie vergessen. Vorallem Manuel nicht. Er hielt sein Kind im Arm als sie ihre letzten Atemzüge machte. Wir tatan das weil auch da die Sonne schien. Marla sollte nie alleine sein und das war sie auch nie. Wie kann man nur so sein?
Ich hätte mir das nie verziehen und ich habe das in der 32 SSW mitgemacht.
Wir waren dabei als Marla ging. Wir haben sie geboren und wir haben sie gehen lassen und ich würde es wieder so machen.

Manuel hat unfassbare Angst dass mit unserer Thilli etwas nicht stimmt. Er sagte erst gestern wieder dass er das nochmal nicht durchsteht. Und da sagte ich: „Was willst du machen? Thilli und mich alleine lassen? Das kannst du. Ich lasse auch dich gehen. Aber wirst nicht weglaufen. Wir haben Thilli in diese Welt gesetzt und wenn es so sein soll, lassen wir auch sie wieder gehen und begleiten sie.“ Da gibt’s für mich keine Diskussion. Egal was passiert. Meine Kinder werden nie alleine sein. Manu sagte dann, dass ich recht habe. Auch er würde es nochmal durchziehen. Bis zum bitteren Ende.
Dafür sind wir Eltern. Wir haben uns für diese Kinder entschieden und wenn sie ziehen dann nicht alleine. Nie.

Wisst ihr, ich will euch zeigen dass ich mutig sein sollt. Für eure Kinder. Natürlich kann man Angst um sie haben. Aber warum? So lange ihr als Eltern bei ihr seid, was hat ein Kind schon auszustehen? Es gibt nur eins was schlimmer ist als sterben: alleine sein und alleine sterben zu müssen.

Ich hab schon zu Manu gesagt, ich könnte mir auch vorstellen 5 Kinder zu haben. Dieser ganze Wahnsinn, diese bedingungslose Liebe, der Stolz. Könnt ihr euch noch daran erinnern, wie eure Kinder da saßen und ganz ruhig, akribisch und selig etwas kaputt gemacht haben? Sie waren sich doch ihrer Schuld gar nicht bewusst. Aber mit was für einer Ausdauer sie das taten?
Mucki hat sich zb gerne ihre Päckchen aufgemacht wo die Anschlüsse drin waren um ihr was zu spritzen etc. Sie hatte eine engelgeduld.
Oder wenn sie einem Stolz was zeigen wo man als Mama nur denkt „nein!!!“
Aber dann sieht man diese lachenenden Gesichter...

Ich bin mir sicher dass ihr euer Glück alle zu schätzen wisst.
Ich bin euch dankbar dass ihr euch dennoch immer wieder damit auseinander setzt dass es eben nict selbstverständlich ist.
Und wenn ihr mal ein Krebskind seht, geht mit euren Kindern bewusst auf es zu. Wenn die Eltern nicht allzu ängstlich sind, wissen sie es zu schätzen und werden dankbar sein. Und diese Würmer werden sich freuen als wäre Weihnachten.
Oder wenn jemand in euer Familie palliativ wird, was ich niemandem wünsche, dann seid dankbar wenn ich denjenigen mit Heim nehmen dürft. Lacht so viel es geht. Weint wenn es euch überkommt. Und sagt dem Menschen ins Gesicht wie sehr ihr in mögt. Lasst ihn nicht alleine.
Niemand will alleine sein.

Ansonsten schreibt mir weiterhin wie es euch geht oder was ihr denkt.
Ich freue mich über jeden Post.

Nun noch was bzgl Thilli.
Ich war gestern beim Arzt und ich verliere Fruchtwasser, deshalb werden Thillis Herztöne schlechter. Er riet mir zum Kaiserschnitt um kein Risiko einzugehen. Und das früher als gedacht: Am Sonntag muss ich in die Klinik fürs CTG und dann werde ich einen Termin machen. Vllt nächste Woche Freitag. Mal gucken was sie sagen.
Thillis Start wird also auch etwas schräg, wie bei Mucki damals. Aber dieses sagte Manu schon ganz stolz „Dieses Mal werde ich sie in Empfang nehmen, sie tragen, sie waschen, die wickeln und sie anziehen. Sie soll wissen wer ihr Papa ist und das sie sich gleich wohlfühlt“.
Das macht mich so stolz. *-*

Und jetzt noch was bezüglich eines Treffens. Ich würde gerne eine Umfrage hier machen. Muss mich mal einfuchsen wie das geht.
Ich bin ein computertechnisches Wildschwein. O.O
Oder muss ich dafür einen neuen Thread machen?
Oder kennt sich eine von euch aus?

Also liebe Mamas, schreibt mir. Gerne auch per Mail, wenn ich es schaffe antworte ich da auch persönlich. Ich verstehe wenn sich hier manche stillen leserinnen nicht so zeigen wollen.
Sommerkind
9169 Beiträge
11.07.2014 13:42
Zu allererst: Du hast eine wahnsinnig tolle Art zu schreiben!

Ich habe mich bisher auch eher zurückgehalten, weil mir, wie vielen anderen, die "richtigen" Worte fehlten. Dachte ich zumindest.. Das was du geschrieben hast, eröffnet jedoch wirklich eine ganz andere Sichtweise, das war ja auch dein Ziel Es muss wirklich schrecklich sein, wegen dem schrecklichen Verlust, den ihr ertragen müsst, auch noch aus der Gesellschaft ausgegrenzt zu werden. Auch wenn es wohl keiner wirklich böse meint.

Klein Thilli will´s aber nun wissen was?
11.07.2014 13:52
Alles Gute für die bevorstehende Geburt!!!
Darole
495 Beiträge
11.07.2014 14:00
Juhuu,

na Tilli zeigt euch jetzt schon wo es lang geht demnächst

Dein Leben schreibt wirklich Bücher voll.
Ich freue mich von Dir zu lesen

Heute bei unserer Gassirunde haben wir wieder Marla - Schmetterlinge gesehen und mein Partner meinte dann lachend, dass Lian wohl nie lernt was ein Schmetterling oder eine Hunmel ist weil wir immer sagen "schau Marla" ist da. Sogar meine Eltern haben wir damit infiziert...
esy88
16954 Beiträge
11.07.2014 14:06
Ich melde mich auchmal!!

War heute mit dem auto unterwegs!!!
Fahr den berg zu unserem haus hoch und seh am himmel einen fleck mit blauen himmel...
Alles andere war dunkelgrau!!

Ich sagte zu mir bei dem hellblau hat sich marla ein fenster gemacht und schaut runter
YuYaJu
2169 Beiträge
11.07.2014 14:17
Alles gute für die bevorstehende Geburt .
11.07.2014 14:23
Du schreibst echt so toll und ja du hast recht mit allem was du schreibst.

Mein Vater und auch meine Großeltern sind an Krebs gestorben und es War uns sehr wichtig bei ihnen zu sein, auch beim letzten Atemzug. Mein Vater entschied sich ohne uns zu sterben.

Nächste Woche Freitag ist ein schönes Datum, da wird mein Sohn 2 Jahre alt.
Kazabian
439 Beiträge
11.07.2014 15:08
Zitat:
Ich bin ein computertechnisches Wildschwein. O.O




Darf ich dich dafür mal drücken? Herrlich, frag mich nicht wieso, aber der könnte aus meinem Mund kommen .

Ich verstehe Dich und Deine Sichtweise recht gut denke ich. Der Grosscousin meines Großen ist geistig behindert, sieht man nicht unbedingt auf den ersten Blick, merkt man aber recht schnell wenn man ihn 5 Minuten erlebt. Mein Sohn ist gut mit ihm befreundet und hat schon oft bei ihm übernachtet und musste dich schon vor anderen Freunden rechtfertigen was er denn mit " so einem" will.

Ich hab meinem großen beigebracht Respekt zuhaben , gerade vor Menschen die krank oder benachteiligt sind gesundheitlich und ich kann zum Glück sagen, das er sich bisher immer behauptet hat und sich nicht von anderen beschwatzen ließ.
Krank sein sucht sich keiner aus und damit alleine zu sein oder weggestoßen zu werden und wie aussätzig behandelt zu werden hat niemand verdient.

Haltet die Erinnerung an Marla aufrecht, ich bekomme sie nicht mehr aus dem Kopf

Und alles Liebe für die Geburt von Thili!
Sag Manu er ist ein toller Papa!
Ich hoffe doch Du sagst uns hier Bescheid wenn sie da ist.
Und ich denke ich kann Wagen zu behaupten, das eine oder andere Freudentränchen wird hier in der Community rollen.

Sei umarmt und drück auch Manu mal ganz fest...
Shnaddy
11019 Beiträge
11.07.2014 15:12
Wo du gerade schreibst,dass ein Sterbender nie alleine sein sollte kommt mir eine vor ein paar Tagen erlebte Situation wieder hoch...

Eine Bekannte bekam vor etwa 2 Monaten die Diagnose Krebs und sie war fest davon überzeugt,dass alles locker zu überstehen...Die Chemo hat sie gut vertragen,doch dann ging es ihr schlagartig schlechter...Ihr Mann,schwer gezeichnet durch seine Diabetis,konnte selbst nicht mehr in die Klinik fahren und bat,dass seine Frau zum Sterben nach Hause kommen darf...Er besorgte sich über die KK ein Bett und Sauerstoff...Am Montag wurde alles geliefert zu Hause und am Dienstag sollte sie dann per Krankentransport zum ihm gefahren werden...
Die Fahrer haben sie am Dienstag in den rollstuhl gebracht,runter gefahren und während sie das Auto auf machten,um sie einzuladen ist sie gestorben...
Ich finde diesen Gedanken,im Rollstuhl ganz alleine,ohne sich verabschieden zu können zu sterben ist so furchtbar und beschäftigt mich so unendlich...
Georgevel
8141 Beiträge
11.07.2014 15:21
Ich habe bisher immer nur still gelesen, Marlas Tod hat mich so mitgenommen dass ich sogar eine Weile nicht mitlesen konnte, da bin ich nun wieder auf deinen Thread gestoßen und bin so gerührt und bewegt von deinem Lebensmut, deiner Kraft! Ich wünsche dir, Manuel und eurer Familie von ganzem Herzen alles Gute. Für die Geburt halt ich dir die Daumen dass alles reibunglos passiert.

Alles Glück, Gesundheit und Liebe der Welt für euch, ihr habt es so verdient!
Georgevel
8141 Beiträge
11.07.2014 15:24
Ach und ich hab noch was vergessen, auch wenn ich sicher vorher auch nicht abweisend reagiert hätte, wenn man erst mal in der Situation ist weiß man ja doch nicht hundertprozentig wie man reagiert- wenn ich in Zukunft einem kranken Menschen begegne, egal ob groß oder klein, so wird es ganz sicher mit einem offenen Herzen sein.

Nochmal , alles Gute!
Ostseekind09
10388 Beiträge
11.07.2014 15:51
hier gab es eben eine Orkanwarnung. auf einmal Platzregen, Hagel, Donner und Blitze - als wolle sich der Himmel aller Tränen und Wut entleeren und das schönste dabei. die ganze Zeit schien die Sonne durch die Wolken. wer da wohl einen Wink schicken mag
Chnopf
2569 Beiträge
11.07.2014 15:54
Liebe Ines

Bei dem letzten Text den du geschrieben hast, hast du mich richtig ins Herz getroffen und mir lief es kalt den Rücken runter (ich hatte am ganzen Körper Gänsehaut).
Du hast recht mit dem was du geschrieben hast. Auch wenn ich sage und denke, ich könnte das alles nicht ertragen, weiss ich doch ganz genau, dass ich meinem kleinen Mann nicht von der Seite weichen und ihn auch auf seinem weg begleiten würde.
Ich kann es auch nicht nachvollziehen, wie man aus dem Zimmer rausgehen kann, wenn das eigene Kind im Sterben liegt. Unvorstellbar!!!
11.07.2014 15:57
Ich denke auch jeden Tag an euch.

Heute habe ich erfahren, dass mein Schwiegervater den Kampf verloren hat, er liegt im Sterben
engelchen310774
5506 Beiträge
11.07.2014 16:09
Du hast eine tolle Art zu schreiben... Das Eltern ihre Kinder alleine sterben lassen. Kann ich nicht verstehen. Mein Papa ist vor 4 Jahren gestorben.. Im Kreis seiner ganzen Familie. Zwar auch leider im kh. Aber alle waren da seine Kinder. Seine Geschwister. Seine Frau. Und möglich gemacht hat dass eine Schwester im singener herzzentrum. Sie hat quasi die Krankenkasse angebettelt dass er verlegt wird. Ich habe eine ganz tolle Freundin deren Mann ist Notarzt e und der hätte meinen Papamit einem kathastrophen rtw auch nach Hause geholt.
Ich drücke dir und manu für die Geburt alles erdenklich Gute.
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