Mütter- und Schwangerenforum

Ein Superbaby erblickt das Licht der Welt

scrittura
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06.01.2016 15:48
Geburtsbericht Luana – 21.12.2015 7:00Uhr – 3095gramm – 49cm
Ein Superbaby erblickt das Licht der Welt

20.12.2015 10:00Uhr Mit einem skeptischen Blick auf den Kalender rufen wir in der Klinik an und machen einen Termin zum CTG. Ich bin inzwischen in der 41. Schwangerschaftswoche und habe wenig Hoffnung, dass sich vor Einleitung noch etwas tut. Das CTG bestätigt meine Gelassenheit. Der Herzschlag unserer Tochter ist wie immer quietschfidel, nur am Wehenschreiber tut sich mal wieder nicht viel. Zwei leichte Wehen, die ich aber nicht einmal richtig wahrnehme. Mit der Hebamme bequatschen wir kurz die Einleitung. Am Mittwoch sollen wir uns melden. Einleitung am 23.Dezember. Ich finde mich also schon mal damit ab, dass der Zwerg sich Heiligabend als Geburtstag ausgesucht hat. –Aber das ist gar nicht nötig. Nach dem Krankenhausbesuch schlendern mein Mann und ich über den Weihnachtsmarkt und essen einen Crêpes, natürlich mit Zimt und Zucker. Ich bin wahnsinnig fit. Obwohl mein Bauch so aussieht, als müsste er jeden Augenblick explodieren, bringt mich unser Spaziergang noch kaum aus der Puste.

20.12.2015 20:00Uhr Am Abend bemerke ich die erste Wehe, die ein Bisschen stärker zieht. Ich habe wenig Hoffnung, trotzdem fange ich an, die Abstände zwischen den Wehen zu notieren. Alle 10 bis 15 Minuten. Es zieht, der Bauch wird hart, aber ich kann mich noch in aller Ruhe mit meinem Mann unterhalten.

20.12.2015 22:00Uhr Die Wehen sind immer noch da. Ich entscheide mich, in die Wanne zu gehen. So langsam merke ich, dass ich unruhig werde. Ich habe in den letzten Tagen schon öfters fortschrittslos vor mich hin geweht, aber diesmal ist das Gefühl dabei ein anderes. Diesmal habe ich das Gefühl, dass es wirklich ernst werden könnte. Mein Mann kommt drei Mal ins Bad und fragt mich wie es aussieht. Als ich ihn beim dritten Mal immer noch vielsagend zunicke und lächle, ruft er in der Klinik an. Die Hebammen sagen ihm, wir sollen vorbei kommen, sobald ich mich zu Hause nicht mehr wohl fühle. Alles klar. Ich pelle mich wieder in meine Klamotten, mache mir einen Tee und setze mich auf die Couch. Mein Mann ist sichtlich zehn Mal nervöser als ich. Ich muss lachen. Ein gutes Zeichen.

21.12.2015 00:00Uhr Treppen runter, über den begrünten Innenhof zur Garage. Mein Mann rennt vor, ich schleiche ihm hinterher. Nachdem ich die letzte Stunde nicht mehr still sitzen konnte und wie ein Tiger im Wohnzimmer auf und ab gelaufen bin, habe ich dem Bitten meines Mannes nachgegeben und wir machen uns auf den Weg in die Klinik. Noch fühle ich mich gut. Die Wehen kommen alle fünf bis zehn Minuten, tun mäßig weh. Ein wenig muss ich sie schon veratmen, aber ich kann mich noch unterhalten und meinem Mann zur Garage folgen. Die Autofahrt dauert fast fünfzehn Minuten. So lang ist mir die Strecke noch nie vorgekommen. Ich steige aus dem Auto. Wir überqueren die Straße und bei der nächsten Wehe muss ich tatsächlich kurz stehen bleiben. Es geht wirklich los, schießt es mir durch den Kopf. Wenn ich dieses Krankenhaus wieder verlasse, werde ich Mutter sein. Im Moment bin ich mir noch nicht sicher, was größer ist –Die grenzenlose Vorfreude auf unser Mädchen, oder die Angst vor der Geburt.

21.12.2015 00:30Uhr Die Ärztin macht einen Ultraschall, tastet nach dem Muttermund und teilt mir fröhlich mit, dass wir bei einer vielversprechenden Öffnung von sage und schreibe zwei Zentimetern sind. Fruchtblase in Takt. Schleimpfropf noch in Teilen da. Es kann also noch dauern. Stunden. Ewigkeiten. Danach werde ich ans CTG angeschlossen, es wird Blutdruck gemessen und mir wird ein Zugang gelegt. Es kann noch dauern, betont die Hebamme, die mich mittlerweile betreut wieder. Als Erstgebärende soll ich trotzdem ruhig schon da bleiben. Ich werde gefragt, ob ich ein Schmerzmittel haben möchte. Nein. Trotzdem bekomme ich schließlich zumindest ein Zäpfchen in die Hand gedrückt. Es wäre besser, wenn ich noch etwas schlafe. Wie gesagt, es kann noch dauern.

21.12.2015 02:00Uhr Nach einigem hin und her kann ich die Hebammen davon überzeugen, dass ich nervliches Bündel nicht alleine bleiben will. Mein Mann soll bleiben. Wie sich herausstellen wird, die richtige Entscheidung. Es wird ein Bett für ihn in den Kreißsaal geschoben. Wir dürfen zusammen dort übernachten, weil nicht viel los ist. Mein Mann schläft direkt ein. Ich liege wach. Texte ein paar Leute an, dass ich jetzt im Krankenhaus bin. Das Zäpfchen bringt überhaupt nichts. Ich bin aber auch ganz froh darüber, denn ich will es wirklich nicht unnötig in die Länge ziehen. Ob ich wohl die einzige Gebärende bin, die so etwas denkt?

21.12.2015 3:00Uhr Die Wehen tun nun echt weh. Sie kommen in drei Minuten Abständen und ich muss mich zusammenreißen, um sie nicht lauter zu veratmen. Mein Mann schläft noch. Ich schleiche auf die Toilette und stelle fest, dass es sehr abenteuerlich ist, unter Wehen sein Geschäft zu verrichten. Dann stelle ich fest, dass ich blute. Ich tapse zurück in das Zimmer, wecke meinen Mann und klingele nach der Hebamme. Sie kommt, ruft die Ärztin dazu und es wird nach dem Muttermund getastet. Schleimpfropf vollständig weg. Muttermund acht Zentimeter geöffnet. Ich horche auf. Das ging nun aber doch ganz schön schnell.

Von hier an habe ich kein Zeitgefühl mehr. Ich verzichte darauf, auf die Uhr zu gucken. Ich tigere durch den Kreißsaal, hänge an einem mobilen CTG. Immer wieder laufe ich hin und her. Bei den Wehen bleibe ich stehen und veratme sie. Mein Mann sitzt da und beobachtet mich, sichtlich hilflos. Ich habe aber auch keine interessante Aufgabe für ihn. Die Hebamme sitzt ebenfalls auf dem Bett, wechselt hier und da ein Wort mit mir, aber lässt mich machen. Ich finde das gut. Ich kann mich ganz auf mich und meine Wehen konzentrieren und fühle mich gut aufgehoben. Niemand schreibt mir etwas vor, oder gibt mir unnötige Ratschläge. Im Nebenraum wird bereits Wasser eingelassen. Ich habe mir eine Wassergeburt gewünscht, und darf sie auch erleben. Bevor ich in die Wanne darf soll ich nochmal auf die Toilette. Wieder sehr abenteuerlich, aber machbar. Ich ziehe mich aus und die Hebamme hilft mir in die Geburtswanne. Mein Mann setzt sich zu mir ans Kopfende, gibt mir ab und an was zu trinken. Er ist blass. Das warme Wasser tut gut. Es verändert zwar nicht die Schmerzen, aber in den Wehenpausen kann ich entspannen und tratsche fröhlich mit der Hebamme, die ganz begeistert ist, als ich ihre erzähle, dass ich keinen Geburtvorbereitungskurs besucht habe. Alles was ich tue ist Intuition. Im Nachhinein fällt mir auf, dass ich nicht mehr gefragt wurde, ob ich ein Schmerzmittel möchte. Ich selbst habe darüber aber auch gar nicht mehr nachgedacht. Der Schmerz ist inzwischen heftig, ich veratme die Wehen hörbar. Jede Wehe bringt mich der Geburt näher. Es wird vorbei gehen. Das rede ich mir immer wieder ein. Du schaffst das. Mein Mann hat sich inzwischen zurückgezogen. Er ist ganz außer Sichtweite. Sein Kreislauf spielt nicht mehr mit. Dabei bin ich es doch, die die Schmerzen hat. Ich bin ihm nicht böse. Die Hebammen sind toll und geben mir ein sicheres Gefühl. Irgendwann ist Schichtwechsel, die eine Hebamme verabschiedet sich, die andere hockt sich vor die Wanne. Eine Hebammenschülerin kommt dazu. Ich nicke ab, als ich gefragt werde, ob das für mich in Ordnung ist. Ich werde auch gefragt, ob es okay ist, wenn sie sich in Blickrichtung zu meinem Schritt setzt. Ehrlich, es ist mir vollkommen egal. Und irgendwie habe ich es ja auch nicht anders erwartet. Mittlerweile verspüre ich den Drang zu pressen und ich werde nicht aufgehalten. Ich soll meinem Gefühl vertrauen –Und das tue ich. Verdammt, tut das weh. Ich muss daran denken, irgendwo im Internet etwas davon gelesen zu haben, dass es sich anfühlt als drückt eine Wassermelone auf den Enddarm. Eine irrsinnig große Wassermelone muss das sein. Ich weiß nicht, wie viele Presswehen ich habe, aber ich wanke zwischen verzweifelt veratmen, drücken, in mich hinein schreien und stumm Lieder vor mich hin zu trällern. Aus der Nummer komme ich nicht mehr raus. Ich spüre, wie mein Baby sich auf den Weg macht. Die Hebammen sprechen mir Mut zu, pfeifen meinen Mann zurück, der sich brav zu mir setzt und sagen mir dass ich nochmal pressen soll. Pause. Nochmal pressen. Noch Mal. Kurz glaube ich, dass es mich zerreißt und schreie, dann spüre ich, dass der Kopf da ist. Mein Baby zappelt. Noch einmal pressen. Noch einmal. Dann ist der Druck plötzlich weg. Ich fühle mich wie in Watte gepackt, nehme den ersten Schrei unserer Tochter nur weit weg am Rande wahr.

21.12.2015 07:00Uhr Ich bin Mutter. Unsere kleine Prinzessin Luana wird mir noch in der Wanne auf die Brust gelegt. Mein Mann hilft der Hebamme die Nabelschnur durchzutrennen. Ich bin glücklich. Sehe diesen kleinen Menschen und kann gar nicht glauben, dass sie eben noch in meinem Bauch war. Um mich herum nehme ich nicht viel wahr. Der Schmerz ist vergessen. Es gibt nur noch dieses kleine Wunder auf meinem Arm und das unfassbare Gefühl, es tatsächlich geschafft zu haben. Das Wasser wird abgelassen, und ich werde irgendwann dazu aufgefordert nochmal zu pressen. Ich merke zwar wie die Nachgeburt kommt, aber sehe nichts davon. Alles wird ganz dezent fort gebracht. Das Blut wird weggebraust. Schließlich soll ich aufstehen. Mein Mann darf unsere Tochter nun das erste Mal halten. Mir wird aus der Wanne herausgeholfen und ein schicker Krankenhausdress übergeworfen. Während die Hebammen unser Baby wiegen (3095gramm), messen (49cm) und abtrocknen, werde ich schon genäht. Unser Baby ist dabei immer in Sichtweite. Ich habe einen kleinen Dammriss und einen Scheidenriss. Unsere Prinzessin wurde mit der Hand am Kopf geboren und hat sich im entscheidenden Moment auch noch genüsslich gereckt. Unser Superbaby eben. Die Ärztin näht und näht. Ich bin schon wieder zu Scherzen aufgelegt, dass sie mich ja nicht ganz zunähen soll. Ich bin hellwach, gut gelaunt, etwas erschöpft, aber voller Adrenalin. Als ich fertig zusammengeflickt bin, wird Luana mir wieder auf die Brust gelegt. Wir kuscheln und ich kann sie direkt das erste Mal zum Stillen anlegen. Mein Mann ist die ganze Zeit ganz nah bei uns. Und so lässt man uns auch erst einmal mit uns alleine. Eine Stunde dürfen wir uns kennenlernen und die Dreisamkeit ganz in Ruhe genießen, dann erst kommt die Hebamme zurück und führt die U1 durch. Ich gehe nochmal auf die Toilette (Aua!), dann werden wir auf die Station geschoben. Mein Mann ist auch hier immer bei uns. Wir haben ein Familienzimmer. Genießen es, eine Familie zu sein.

23.12.2015 12:00Uhr Luana macht sich prima. Die U2 meistert sie mit Bravur. Sie ist lieb, schläft viel und verzaubert uns mit ihrem Engelslächeln. Ab und an schreit sie, aber das gehört eben auch dazu. Wir sind glücklich. Haben die ersten Tage gemeistert und freuen uns auf die Zukunft. Auch bei mir ist alles prima. Ich habe eine super Rückbildung. Die Nähte tun weh, aber es ist erträglich. Zum Abschied werde ich nochmal von Ärzten und Hebammen gelobt, wie toll ich die Geburt gemeistert habe. Zugegeben, ich bin geschmeichelt. Ich fühle mich prima, packe unsere sieben Sachen zusammen und ziehe Luana nach dem Stillen ihren Overall und Mütze an. Wir gehen nach Hause –Einen Tag vor Weihnachten. Als Familie.
scrittura
700 Beiträge
06.01.2016 15:53
Und natürlich darf auch ein kleines Bildchen unseres SuperBabys Luana hier nicht fehlen

Heati
2777 Beiträge
06.01.2016 16:15
Wunderschöner Geburtsbericht und natürlich herzlichen Glückwunsch zu deiner kleinen Maus
Beim Lesen habe ich an Franziskas Geburt gedacht und mich an der ein oder anderen Stelle wiederentdeckt

Aber Respekt, dass du offensichtlich eher ruhiger warst, ich hab wohl das gesamte KH zusammengeschrien ... und Schmerzmittel hat man mir auch nicht angeboten und unter Schmerzen konnte ich nicht mehr normal denken und hab nach keinen gefragt ... hab nur 2,5 Stunden vor der Geburt eine Spinalanästhesie bekommen, die aber nur zwei Stunden gewirkt hat ... am Ende hat es mir auch nichts gebracht.
Pakuna
7800 Beiträge
06.01.2016 16:26
Grandioser Bericht und ganz ganz toll geschrieben Macht mir auf jeden Fall Mut!
Kuzco82
3187 Beiträge
06.01.2016 16:26
Ich danke dir dafür das ich deinen Bericht lesen durfte...
Eine echt tolle Geburt...
Ich wünsche euch für die Zukunft alles alles liebe und gute....

06.01.2016 16:46
Gemerkt
Wahnsinnig toll geschrieben, wirklich. Ich hatte Tränen in den Augen
Und hab gelacht, 'Aus der Nummer komme ich nicht mehr raus'
Kaum zu glauben dass schon wieder zwei Wochen her ist.
Ich wünsche euch alles Gute!
06.01.2016 17:48
Danke für deinen Bericht. Wunderschön und ermutigt mich auf eine spontane Geburt
.Jessica
1356 Beiträge
06.01.2016 18:46
Super schöner Bericht...

Mir macht Grad aber meine gefühlsmäßige Reaktion auf dein Bericht sorgen ich mag Grad auch nochmal
Komisch eig. War meine Aussage nach der SS “nie wieder“

Naja in 3 Jahren überlege ich es mir nochmal
Svenja81
5641 Beiträge
06.01.2016 18:55
Mit Pipi in den Augen, diesen tollen Bericht gelesen Der 21.12. ist aber auch ein toller Tag
Lucyso
2008 Beiträge
06.01.2016 20:18
Das hört sich nach einer wunderschönen Geburt an Glückwunsch

Ich finde es toll, dass die Hebammen dich nach deiner Intuition haben machen lassen. Das hört man ja leider oft anders.

Ich wünsch euch noch eine wunderschöne Anfangszeit.
Juliane2011
3648 Beiträge
06.01.2016 20:42
Total schöner Bericht.

Irgendwie fühlte ich mich an die Geburt meines Großen erinnert. Er kam am 16.12.2008 um 07:12 Uhr, auch eine Wassergeburt und die Eröffnung ging auch so fix.
scrittura
700 Beiträge
09.01.2016 15:24
Danke für die Glückwünsche und die lieben Worte <3
Chrissy0502
759 Beiträge
23.01.2016 17:00
Ein toller Geburtsbericht... musste weinen.

Alles Gute für eure gemeinsame Zukunft!!!!
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