Mütter- und Schwangerenforum

Pflegeeltern-Dasein

Darwin27
10550 Beiträge
04.03.2016 08:49
Hallo zusammen,

ganz zufällig bin ich bei meiner FÄ über ein Plakat gestolpert, bei dem die Lebenshilfe für Pflegeeltern "wirbt". Nun weiß ich ja, dass einige hier Pflegekinder haben und würde mich über ein paar Erfahrungsberichte freuen.

Es ist so, dass mich die "Idee", Pflegeeltern zu sein/werden reizt. Gerne würde ich in unserem großen Haus, mit meinem tollen verständnisvollen Mann und unserer Liebe Kindern helfen, denen es nicht so gut geht. Mir ist natürlich aber auch klar, dass da die Welt nicht rosa ist und das eine große Aufgabe ist.

Könnt ihr, die ihr Pflegemütter seid, mir ein bisschen erzählen, wie es dazu kam, welche Schwierigkeiten da warten und ob ihr den "Job weiterempfehlen" würdet?

Es gibt bald einen Infoabend zum Thema, den werde ich mir dann evtl. auch ansehen, aber Erfahrungsberichte würden mich freuen.
moonari
4525 Beiträge
04.03.2016 10:43
Ich bin zwar keine Pflegemutter, aber sozusagen eine Pflegeschwester. Wenn du magst kann ich dir da per PN etwas berichten, möchte unser Familienleben jetzt nicht ganz so öffentlich aufschreiben
Aus der Sicht meiner Eltern kann ich aber sagen, dass es eine sehr große Herausforderung sein kann, aber ich mein bei leiblichen Kindern weiß man ja auch nie was kommt
04.03.2016 11:09
Bei uns ist es i.d.R. so und auch in den Nachbarstädten, dass die leiblichen Kinder mindestens 3Jahre alt sein sollen.
Ansonsten gibt es sehr unterschiedliche eigene Erfahrungen und aus dem BekanntenKreis. Ich habe das Gefühl, dass sehr viel davon abhängt, wer einen vom Juamt oder Verein betreut.
Auch gibt es diverse Formen / Möglichkeiten der Pflege.
Darwin27
10550 Beiträge
04.03.2016 13:33
Zitat von moonari:

Ich bin zwar keine Pflegemutter, aber sozusagen eine Pflegeschwester. Wenn du magst kann ich dir da per PN etwas berichten, möchte unser Familienleben jetzt nicht ganz so öffentlich aufschreiben
Aus der Sicht meiner Eltern kann ich aber sagen, dass es eine sehr große Herausforderung sein kann, aber ich mein bei leiblichen Kindern weiß man ja auch nie was kommt


Ja, gerne
chansey
11 Beiträge
04.03.2016 13:55
Hallo Darwin27,
leider bin ich auch keine Pflegemutter, doch eine meine Bekannte hat ein Pflegekind, also weiß ich etwas darüber. Naja, nicht viel, aber, ich muss sagen, dass in solcher Situation man sehr oft Kompromisse schließen soll. Kein Wunder, weil die Menschen nicht immer gemeinsame Interessen und ähnliche Charaktere haben. Überleg mal darüber.
Grüße
Prinzessin_Skadi
352 Beiträge
05.03.2016 00:27
Ich hab zwei Pflegekinder.
Wenn du möchtest, kannst du mir eine pn schreiben und ich erzähle dir etwas über unsere Familie, ihre Entstehung und die alltäglichen Schwierigkeiten. So öffentlich möchte ich es zum Schutz meiner Kinder und ihrer leiblichen Eltern nicht schreiben.
Alaska
18946 Beiträge
05.03.2016 01:53
Meine Eltern haben vor 5 Jahren ein Pflegekind zu sich genommen und würden es nie wieder machen.
Das klingt in erster Linie total böse, aber es liegt nicht am Kind. Das mögen wir alle sehr! Und es ist auch ein ganz umgängliches Kind.

Weswegen keiner von uns dieses Abenteuer noch einmal machen würde, ist schlicht der Grund, dass viele Kinder, so zumindest in unserem Fall, regen Kontakt zur leiblichen Mutter haben und die könnten wir an die Wand klatschen. Die kostet uns noch den letzten Nerv.

Bestes Beispiel vor ein paar Monaten war, dass der geistig sehr zurückgebliebenen Mutter plötzlich einfällt, dass sie mit ihrem neuen Macker, der aus Rumänien kommt, dorthin auswandern möchte, mitsamt dem Kind!
Als meine Mutter panisch beim Jugendamt anrief, dass das doch wohl nicht ginge, sie sei doch die Pflegemama und liebt es innig, das Kind wäre da unten mit der Mutter verloren, sie würden es nie wieder sehen und unserem Bub würde die gesamte Zukunft genommen werden, meinte man nur, dass es die leibliche Mutter sei und sie da nichts machen könnten.

Und so durchleben wir Geschichten seit gut 4 Jahren. Der Mutter fällt immer was neues Spaßiges ein. Wir sind zwischenzeitlich echt fertig mit den Nerven.
Nicht zuletzt bricht es uns immer fast das Herz, wenn er tageweise wieder zur leiblichen Mutter muss (damit sie lernt, mit dem Kind umzugehen) und das Kind an der Tür schon weint, weil es nicht möchte. Wundert mich nicht, die Tür der Mutter geht auf, sie sagt nicht mal Hallo zu ihm und wirft ihm dann wieder zigfach vor, dass er ein böses Kind sei, das ihr Leben zerstört hätte.

Ah, also ich kann nur abraten. Das ist jetzt aber nicht ganz objektiv. Ich würde dir auf jeden Fall empfehlen, zu dem Infoabend zu gehen. Aber bewusst musst du dir sein, dass bei einem Pflegekind immer passieren kann, dass es irgendwann weggeholt wird, weil die leiblichen Eltern wieder in der Lage sind, sich zu kümmern.
Das muss man packen können.

Die Freundin meiner Mutter hatte einen Kurzzeit-Säugling bei sich. Der "Kurzzeit"-Säugling blieb 3 Jahre, dann bekam er eine feste Adoptionsfamilie. Sie dürfen den Kleinen nicht mehr besuchen, die neuen Eltern wünschen das nicht. Einerseits verständlich, aber andererseits... *puh

Ein gutes Beispiel hab ich aber auch. Eine andere Bekannte von uns hat ein Kind übernommen, bei dem von Anfang fest stand, dass es nie zu den leiblichen Eltern zurück kann. Ich weiß nicht mehr, wie man das nennt... Dauerpflegestelle? Der Vater wurde schwer krank und lebte nicht mehr lange, die Mutter war schon immer geistig sehr eingeschränkt. Von daher war bei ihnen klar, dass das Kind wirklich bleibt.
Und das tat die Kleine auch.
Darwin27
10550 Beiträge
05.03.2016 07:32
Danke Alaska, für deine Ausführungen.. Hört sich wirklich furchtbar schmerzhaft an. Das war mein Beweggrund irgendwie.. Ist schlecht zu erklären: Ich habe den Eindruck, dass mein Mann und ich emotional sehr gefestigt sind und gemeinsam als Team sehr viel erreichen können (Wir haben unsere 3 FG gemeinsam mit Bravour gemeistert und verarbeitet). Wir haben ein großes Herz und daher denke ich immer, das soll doch jemandem zugute kommen, der genau das braucht. Irgendwie hab ich das Bedürfnis zu helfen

Aber sicherlich ist es schwer. Und ob man sich, als kleine Familie, immer einen Gefallen damit tut, ist auch schwer zu sagen.

Leider kann ich zu diesem Infoabend nicht gehen Da bin ich nämlich noch arbeiten. Aber meine Cousine ist im sozialen Bereich tätig.. vielleicht frag ich bei ihr mal nach.

Kannst du Alaska mir noch etwas dazu sagen, wie deine Eltern Pflegeeltern geworden sind? Wie kamen sie dazu?

@Prinzessin_Skadi: über eine PN von dir würde ich mich natürlich freuen!
Engelchen1975
3671 Beiträge
05.03.2016 16:39
Die Cousine meiner Mutter hat ein mittlerweile erwachsenes Pflegekind.Anfangs(sie bekam es mit 4 Jahren) war alles okay.Der Kleine blühte auf.Später hat ihn seine leibl.Mutter mal geholt,mal nicht, je nach Alkoholpegel.Der Kleine fing mit 5 zum Einnässen an-er wurde mit dem Hin und Her nicht fertig.
Dann kam eine Zeit(so ein Jahr)da hat sie sich NIE sehen lassen.Irgendwann hat sie Geld verlangt,sonst holt sie ihn und sie sehen ihn nicht wieder.
Daraufhin hat das Jugendamt, gemeinsam mit dem Familiengericht gehandelt.
Wie es genau gelaufen ist weiß ich nicht-jedenfalls durften sie ihn adoptieren.
Die Belastung war jedenfalls enorm.
milchbroetchen
37 Beiträge
05.03.2016 18:26
In der ARD-Mediathek gibt es zur Zeit eine tolle Doku zu dem Thema.
Darwin27
10550 Beiträge
06.03.2016 09:25
Zitat von milchbroetchen:

In der ARD-Mediathek gibt es zur Zeit eine tolle Doku zu dem Thema.


Oh danke, da werd ich mal reinsehen!
Alaska
18946 Beiträge
06.03.2016 17:20
Zitat von Darwin27:

Danke Alaska, für deine Ausführungen.. Hört sich wirklich furchtbar schmerzhaft an. Das war mein Beweggrund irgendwie.. Ist schlecht zu erklären: Ich habe den Eindruck, dass mein Mann und ich emotional sehr gefestigt sind und gemeinsam als Team sehr viel erreichen können (Wir haben unsere 3 FG gemeinsam mit Bravour gemeistert und verarbeitet). Wir haben ein großes Herz und daher denke ich immer, das soll doch jemandem zugute kommen, der genau das braucht. Irgendwie hab ich das Bedürfnis zu helfen

Aber sicherlich ist es schwer. Und ob man sich, als kleine Familie, immer einen Gefallen damit tut, ist auch schwer zu sagen.



Huhu,

das ist das allerwichtigste. Aber du kannst gefestigt genug sein, wenn du dein Herz an das Kind hängst und ständig fürchten muss, dass es in diese furchtbaren Verhältnisse der Mutter zurück muss. Das Jugendamt spielt da eine ganz wesentliche Rolle.
Aber im Vorraus weiß man das eben nicht, wie einzelne Mitarbeiter ticken.

Wir sind ganz umständlich zu dem Kind gekommen. Meine Mutter war nie an einer Pflegestelle interessiert, sondern hat eigentlich anfangs nur privat immer mal auf das Kind aufgepasst. Die Mutter wohnte eine Straße weiter.
Je schlimmer die Verhältnisse mit dem Kleinen dort wurden, desto häufiger war das JA vor Ort. Und irgendwann haben sie von meiner Mutter erfahren und da der Kleine eh mehr bei uns war, als bei der Mutter, wurde das fest gemacht.
Aber der ständige Wechsel zwischen uns und der leiblichen Mutter sind für das Kind stellenweise echt schwer. Immer dann, wenn er weiß, er muss jetzt wieder ein paar Tage zur Mutter zurück, gibts Tränen.
Der erste Tag bei uns ist dann auch wieder schwer, weil ständig Sätze kommen "Aber bei der Mama darf ich...", "Bei der Mama muss ich nicht ... " und "Ich bin ein böser Junge (dann schlägt er sich oft selber an die Backe)".
Zum Geburtstag letztes Jahr meinte er "Er wünscht sich gar nichts, er will keine Geschenke, er sei ein schlechter Junge gewesen". Er war auch nicht davon abzubringen (hat aber dennoch Geschenke bekommen ).

Aber wenn man ständig in einem Nervenkrieg mit der leiblichen Mutter ist, boah, das wünsch ich keinem.
Sie hat auch eine ganz tolle Masche: dem Kind ständig Vorwürfe machen und es unterwürfig zu halten, dann aber mit allem zu überhäufen, was er an Spielzeug will (sofern das Sozialhilfegeld reicht). Wir haben dann eben die Mischung aus "schlechtem" Kind, dass null Selbstbewussstsein besitzt, das hier dann aber bockt, weil es im Supermarkt nicht bekommt, was er gerade sieht.
Ansonsten ist er putzig.
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